Hinweis: Ausführlicher als hier wird auf folgenden Seiten über die Entstehung dieses Liedes informiert: Die Nacht... Spurensuche
Im Jahre 1938 entsteht die Melodie zu Jochen Kleppers Lied "Die Nacht ist vorgedrungen". Veröffentlicht wurde sie im folgenden Jahr. Dieses Manuskript "auf roten Notenlinien" stammt aus dem Jahr 1941.
"Es war nicht der Ehrgeiz, der mich zum Melodien- und Chorsatz-Schreiber werden ließ, sondern der 'Bedarf'. Dem Freund aber muß ich ganz besonders dankbar sein, der mich auf Kleppers 'Kyrie' hinwies." (Ansprache zum 70sten Geburtstag 1982)
Ein Brief Johannes Petzolds vom 4. Mai 1974 an den damaligen Vikar Bauer in Stuttgart enthält wesentliche Angaben des Komponisten zur Entstehung der Melodie "Die Nacht ist vorgedrungen" und zum geistigen Hintergrund seines kompositorischen Schaffens in dieser Zeit. Petzold hat den Brief mehrfach kopiert und die Kopien sorgsam aufbewahrt. Dem bisher nicht identifizierten Adressaten sei für seine damalige telefonische Anfrage, mit der er den Komponisten zu dieser Darstellung veranlasste, gedankt!
"Sehr geehrter, lieber Herr Bauer!
… Wie ich dazu kam, den Text zu vertonen und so zu vertonen? Die zweite Hälfte der Frage ist schnell beantwortet: Ich habe ihn so vertont, weil ich’s besser nicht konnte. Vor ein paar Jahren fand ich noch meine ersten Entwürfe zu der Melodie. Sie wichen, wie ich feststellen konnte, erheblich von der Endgestalt ab. Diese muß dann doch als ganzheitlicher Einfall plötzlich dagewesen sein. Vielleicht habe ich Kleinigkeiten daran noch zurechtgerückt. Denn ich entsinne mich, die Melodie jeder einzelnen Strophe ‚anprobiert‘ zu haben, bis sie jeder annähernd gleich gut paßte.
Doch nun zur ersten Hälfte der Frage. Wir erlebten in den 30er Jahren die Wiederentdeckung des alten Kirchenliedes. Das alte Lied war damals ‚Das neue Lied‘. (Nicht zufällig war dies der Titel des Jugendliederbuches, das man als den Vorläufer des EKG bezeichnen kann.) Diese neuerweckten alten Lieder waren alles andere als ein bloßes Bildungserlebnis, sie waren uns einigendes Band, Bekenntnis und Kraftquell in der Zeit der Bedrohung und Verfälschung unseres Glaubens in den 12 NS-Jahren. Aber wir suchten auch nach neuem, eigenem Ausdruck unseres Glaubens. In Ru(dolf) Alex(ander) Schröders Gedichtbänden, fast noch mehr in Kleppers schmalem Bändchen ‚Kyrie‘, fanden wir vieles, was in dieser Richtung lag. Was lag näher als der Wunsch, solche Verse auch singen, gemeinsam singen zu können? Klepper selbst dachte ja an die Gemeinde, wenn er seine Lieder schrieb, und stellte sich in vielen Fällen wohl vor, daß sie auf schon bekannte Weisen gesungen werden sollten. Aber nun singen Sie einmal ‚Die Nacht ist vorgedrungen‘ etwa auf die Melodie von ‚Valet will ich dir geben‘! Die neuen Texte riefen nach neuen Weisen. Ich war einer von vielen, die sich darin versuchten, übrigens auch an Texten anderer, weniger bekannter Verfasser.
Als ich 1938 (nicht 39) die Melodie zu dem Advents-Text schrieb, wußte ich nicht, daß Gerhard Schwarz ihn schon vertont hatte. Vielleicht hätte ich es sonst nicht für nötig gehalten, eine eigene zu schreiben. Der Bärenreiterverlag übernahm in den weiteren Auflagen der ‚Neuen Weihnachtslieder‘ meine Melodie anstelle der von G. Schwarz. Da sie sich schnell einbürgerte, wurde sie dann auch in das neue Gesangbuch, das EKG, aufgenommen.“ …
Dichter und Komponist dieses Liedes haben sich nie getroffen. Es gibt immerhin einen Brief von Johannes Petzold an Jochen Klepper und dessen Antwort. Hier zunächst der Brief des Komponisten:
"Scheibenberg, Sachsen, am 26. Mai 1941
Verehrter Herr Klepper! Als Gruß zum Pfingstfest möchte ich Ihnen 5 Lieder übersenden, die ich nach Ihren Texten vertont habe. Sie werden sich vielleicht wundern, daß darunter drei Gedichte sind, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden. Diese drei Gedichte habe ich in Abschrift von P. S. Rothenberg erhalten.
Ich darf sagen, daß ich herzlich dankbar bin für Ihre Dichtungen. Allerdings kenne ich nur das Bändchen 'Kyrie'. Das Gedicht 'Der Herr ist nah' ist mir daraus besonders lieb. Eine Weise zum Singen ist mir leider gerade für dieses Gedicht noch nicht eingefallen. - Gegenwärtig lese ich Ihren Roman 'Der Vater' und habe große Freude daran.
Wie ich von P. Rothenberg erfuhr, sind Sie beim 'Militär'. Ich stehe vor meiner Entlassung und bin z. Zt. beurlaubt.
Mit bestem Gruße! Ihr Johannes Petzold (Lehrer), Scheibenberg / Sa., Klingerstraße 6"
Jochen Klepper beantwortet den Brief und schreibt als Soldat unter einer Feldpostnummer:
Zum Weiterlesen in der Biographie: 07. Eheschließung in Scheibenberg / Erzgebirge