Zwei Blümlein blühten am Wegesrain,
eines blau, eines rot,
und wuchsen fröhlich im Sonnenschein.
Dann kam der Tod
und schnitt sie eins nach dem andern ab
- sie neigten die Köpflein in letztem Weh -
und grub sie in ein winterlich Grab
tief unter dem weißen Schnee
Zwei Bäumlein wuchsen am Waldessaum
so saftig und grün,
träumten, im Winde sich wiegend, den Traum
vom Wachsen und Blühn…
Doch eh noch ein dritter Lenz in das Land
zog und die Wälder sich wieder verjüngten,
tötet die Stämmlein vernichtender Brand,
noch ehe sie neu sich beringten.
Zwei Vöglein flogen zwei Sommer lang
hin übers Feld,
alles erfreuend mit lieblichem Sang
aus himmlischem Zelt.
Doch – eh der dritte Sommer kam,
da zogen sie beide zusammen fort
und üben ihr Singen so wundersam
nun beide an anderem Ort.
Zwei Kindlein kamen in diese Welt,
eines hell, eines braun,
einander nachbarlich zugesellt,
lieb anzuschaun.
Doch eh sie einander recht gesehn -
zwei Lenze nur gingen übers Land -
sah man sie wieder von hinnen gehen,
wie Schwesterlein, Hand in Hand.
Zwei Hände halten die Weltenzeit -
fass es und glaub!
Und fällt auch der Erde vergängliches Kleid
in Asche und Staub -:
die eine trägt all den Staub zuhauf,
kein Restlein entfällt ihrer bergenden Hut.
Die andre fängt alle die Tränen auf
und hält und hütet sie gut.
Ein Vater waltet und hält die Wacht
überm Zeitenmeer,
und sinkt immer tiefer die Weltennacht
und ängstet uns schwer:
der Wächter steht schon am Tor, bereit
zum Ruf der Posaune hinaus ins All,
aufreißend die Tore der Ewigkeit
bricht ihr dröhnender Schall
Bahn sich – hin durch der Gräber Reih’n:
Tränen und Staub
sammelten Gottes Hände ein -
fass es und glaub:
brausend fährt Seines Geistes Wehn
über der Gräber sternlose Nacht,
bis jubelnd die Seinen auferstehn
aus Staub und Tränen durch Gottes Macht!
Bemerkung handschriftlich hinzugefügt: „Für eine Nachbarsfrau,
deren zweijähriges Töchterchen kurz vor Friedegard starb.“