Wir kommen zu der Melodiengruppe, die einem vorwiegend   l i n e a r   bestimmten Typ entspricht. Es mag mit den Maßstäben der Auswahl zusammenhängen, wenn diese Gruppe besonders groß ist. Viele der im folgenden aufgezeigten Lieder weisen auch eigenständige rhythmische und harmonische Elemente auf, sodass sie durchaus den anfangs genannten Beispielen für ein ausgewogenes Verhältnis der 3 Komponenten zur Seite gestellt werden könnten. Von den der Melodiebildung zugrunde liegenden Skalen her ist alles vertreten: von der Pentatonik bis hin zu einer Melodie, die alle 12 Halbtöne verwendet. Besonders breit ist das Feld modaler Melodiebildungen, oft mit kleinen Abwandlungen. (Ich habe nicht den Eindruck, dass „die sieben alten Töne“ und ihre nachbarschaftlichen Helfer nichts mehr hergeben für die melodische Erfindung!)

69 (Diese Welt ist Gottes Welt) und 79 = EG 417 (Lass die Wurzel unsers Handelns Liebe sein): 2 Beispiele für lineare Dur-Melodik, die für viele andere stehen sollen.[6]
78 (Jesus sucht Leute): Von Moll nach Dur führend, aber nicht die Tongeschlechter gegenüberstellend wie 76 (Herr, viele Menschen sehen mich an).
68 (Begegnet uns im Leben auch Traurigkeit und Not): „Klassisches“ Moll mit Leitton, nach der Paralleltonart modulierend. (Das Ganze fast mehr von der Harmonie als von der Linie geprägt.)
25 = EG 168 (Du hast uns, Herr, gerufen): Den Leitton vermeidendes, „reines“ Moll; ein Beispiel für viele, etwa auch 12 = EG 97 (Holz auf Jesu Schulter), 66 = EG 199 (Gott hat das erste Wort).
19 (Komm, Heiliger Geist!): Reine Pentatonik. In vielen anderen Melodien pentatonische Elemente.
20 (Du gibst die Saat und auch die Ernte): Dur mit einem leiterfremden Ton, der das sinntragende Wort unterstreicht.
37 (Gott erwartet euch): Dorisch; 35 (Mitten in dem Tod): Phrygisch, aber anders klingend als die alten Lieder in diesen Tonarten.
45 (Dämmernd bringt die Frühe): Ebenfalls phrygisch (nicht etwa D-Dur). Bitte beachten: Die 1. Auflage hat 2 Druckfehler: In der Melodie muss es bei „Erde“ d-a heißen, im Text bei Str. 4 „bringst und bist…“.
39 (Gehe deinen Weg im Frieden): Mixolydisch (oder Dur mit kleiner Septime).
42 (Singe, meine Stimme): Eine interessante Melodie: auf rein linearem Weg von G nach C modulierend, dabei den Text der 1. Strophe ausdeutend (das befremdende f!).
24 (Der du vorausgingst, weit): Hypophrygisch – wenn man so will! Hier wie auch bei 42 ist der musikalische Rhythmus vom Sprachrhythmus geformt.
11 = EG 94 (Das Kreuz ist aufgerichtet): Die 3 Kreuze am Anfang dieser Melodie sind kein Zufall! Aber es ist erstaunlich, wie geschickt die Melodie, aus dem H-Dur-Dreiklang aufsteigend, über die aufgelösten Kreuze zurückgebogen ist in den Schluss auf dem Anfangston h, nun aber „lokrisch“ gedeutet. (Als Einstieg beim Einüben: die Anlehnung der Anfangszeilen an „O Lamm Gottes, unschuldig…“)
13 (Jesus sagt uns: Ihr seid blind): Dass hier alle 12 Halbtöne vorkommen, darauf musste mich der Komponist erst aufmerksam machen. Das spricht   f ü r   die Melodie! Sie ist im Grunde diatonisch mit Halbtonschritten als Wechseltönen, und sie ist durchaus linear-logisch aufgebaut.